Das Märchen von der blauen Rosentür
war neben “Rosenrondellen” und einer Liebesgeschichte die Schreibinspiration im Rosenmonat Juni.
Im E-Mail-Fernschreibkurs “Schreibend durch das Jahr – ein Schreibkalender” verbindet man sich fantasievoll mit dem Lebens-Rhythmus. 
Zu jedem Monatsbeginn bekommen die Teilnehmenden per E-Mail ein von mir mit Foto und Schreibinspirationen gestaltetes Monats-Kalenderblatt. Monatliche Schreibinspiration durch den Jahreslauf
Eine schreibende Verbindung zum natürlichen Rhythmus des Lebens. Ein poetischer Schreibkalender über zwölf Monate. Lesen Sie gerne mehr zu meinem besonderen Angebot:
Schreibend durch das Jahr – Ein Schreibkalender
Nun im Juni war diese blaue Rosentür zu sehen auf dem Schreibkalenderblatt und dazu die Anregung:
Schreibe zu dem Foto ein Märchen. Dein Märchen von der blauen Rosentür. Gib ihm einen eigenen Titel!
Das wunderschöne Sehnsuchts-Märchen von Gabriele K. ist hier zu lesen. Es trägt den Titel:
Blaues Wunder
Es war einmal ein großer dunkler Wald, in dem man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Und es war einmal eine hübsche, mutige, junge Frau, die tagtäglich in diesen Wald hineinging. Sie sammelte dort Holz und hob Reisig zum Kochen, Backen und Heizen auf. Diese Frau wohnte nahe am Wald in einem kleinen, windschiefen Häuschen, das eher schlecht als recht ihre Herberge war. Doch die junge Frau beklagte sich nicht. Sie kam jeden Morgen aus ihrer baufälligen Haustüre, die fast aus den Angeln fiel und trat hinaus in die Natur. Sie begrüßte die Vögel und Hasen und hatte auch ein gutes Wort für die Ameisen, Käfer und das andere Getier, das ihren Weg kreuzte. Sie atmete tief die frische taugeschwängerte Morgenluft ein und holte das erste Holz um sich ein warmes Wasser und einen kargen Morgenbrei zu brauen.
Frisch gestärkt machte sie sich auf den Weg tief in den Wald hinein.
Heute wollte sie einen größeren Baumstamm finden, um sich und ihren lieben Nachbarn, die vom nächsten Gehöft kamen, ein leckeres Mahl zu bereiten. Der Stamm sollte etwas länger brennen, damit sie nicht unentwegt neue Holzscheite aufs Feuer legen musste, sondern sich ganz dem Geschmack und der Zubereitung der Speisen widmen konnte. Deshalb ging sie tiefer und noch tiefer in den Wald. Nach diesem langen Fußmarsch und um sich für den Heimweg mit dem noch zu findenden Baumstumpf zu stärken, machte sie eine kleine Rast auf einem umgestürzten Baum, der in seiner ganzen Länge über den Waldweg gestürzt war. Sie setzte sich auf den Baumriesen und packte ihren kleinen Lederbeutel mit der Nuss- und Zirbebenmischung aus, um sich daran zu laben. Sie schaute versonnen in die Baumwipfel, da kullerte ihr eine der Haselnüsse aus der hohlen Hand und rollte aus ihrer Sichtweite unter den langen Baumkerl, der ihr als Sitzplatz diente. Sie bückte sich und sah um sich, fühlte mit den Fingerspitzen und tastete sich weiter voran unter den Baumstamm, machte ihren Arm lang und länger um die wertvolle Nuss zu finden. Links und rechts schaute sie, fühlte wieder – doch vergeblich. Nach einiger Zeit setzte sie sich wieder oben auf den Stamm um zu überlegen wo sie noch suchen könnte.
Da hörte sie plötzlich ein Geräusch, einen Schritt zart und leise und noch einen und noch einen.
Wie kleine Trippelschritte und wieder und wieder … und als sie an ihrem Rocksaum entlang auf den Waldboden blickte, sah sie einen Zwerg oder eher einen Wichtel in eine Art Jägerloden gekleidet verziert mit Hirschhornknöpfen. Dieser hatte ihre Nuss unter seinem linken Arm gepackt und lupfte mit der rechten seinen Hut: „ Gehört diese Nuss ihnen, gnädigen Frau,“ hörte sie ihn in gewählter Sprache, wie ein Mann von Welt fragen. Sie nickte erwidernd und streckte ihre Hand aus um die Nuss in Empfang zu nehmen. Das Männlein schaute sie an und fragte, ob sie etwas Zeit zu einem Plausch erübrigen könnte, dann bat er sie, ihn auf den Baumstamm zu heben, damit sie sich besser unterhalten könnten. Sie tat wie ihr geheißen. So saßen beide dort und er begann sie zu fragen was sie in den Wald führe, was sie heute hier tun wolle, woher sie komme und so fort. Sie wunderte sich, dass sie so einfach mit einem kleinen grüngekleideten Herren sprach, doch wir alle wissen, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt als wir uns jemals vorstellen können, und aus diesem Grunde wunderte die junge Frau fast nichts mehr. Der Wald war riesig und warum sollte er nicht irgendwelche Geheimnisse bergen, von denen die Welt da draußen nichts wusste. Solange es ein kleiner, grün gekleideter, sehr naturverbundener, friedlicher Wichtel war, blieb sie ruhig und beantwortete seine Fragen. Sollte er allerdings dazu übergehen von seinem größeren Bruder oder Verwandten zu berichten und dies in ihr einen Moment von Zweifel oder sogar Furcht hervorrufen, würde sie schnell ihrer Wege gehen und flugs durch das dichte Dickicht den Heimweg antreten, das hatte sie sich schon überlegt.
Dann kam der kleine Herr auf den Grund des Gesprächs.
Sie glaubte, er hatte diese Plauderei begonnen, um ihre Loyalität und Verschwiegenheit bzw. Vertrauenswürdigkeit zu testen. Denn die Sache, die er ihr jetzt eröffnete, schien etwas heikel. Dieser Baumriese, den sie zu ihrem Rastplatz auserkoren hatte, war durch einen Sturm auf den Eingang der Wichtelwelt gefallen und alle vereinten Kräfte der kleinen Wesen halfen nicht, um ihn dort wieder fort zu schaffen. Die Wichtelschar war zum ersten Mal auf fremde Hilfe angewiesen und das Männlein betonte, das er glaubte, sie sei diese Art der Unterstützung, die sie jetzt benötigten. Die Frau war geschmeichelt von so viel Vertrauen und Zutrauen in ihre Kräfte, doch sie musste zugeben, dass sie diesen Baumriesen nicht alleine werde wegräumen können. Sie erzählte von ihrer sehr hilfsbereiten und außerordentlich vertrauenswürdigen und verschwiegenen Nachbarschaft, die über schweres Gerät in Form eines Ochsengespanns und einer stabilen Seilwinde verfügte und sicher helfen könnte. Doch der Wichtel schaute sie argwöhnisch an und blieb erst einmal misstrauisch. Dann kam der jungen Frau eine Idee. Sie unterbreitete dem Wichtel ihren Einfall. Er willigte ein und dann machten sich beide auf den Weg einen Holzscheit für das geplante Abendessen mit den Nachbarn zu finden. Sie waren schnell erfolgreich. Der Wichtel rief den Eber der Wildschweinrotte zur Hilfe das Brennholz in das kleine Haus der hübschen Frau zu bringen. Die Frau briet, buk und bereitete alles für das Festmahl vor. Dann war es soweit und die Nachbarn kamen zu Tisch.
Die Frau berichtete geheimnisvoll von einer Überraschung am heutigen Abend.
Und plötzlich stand der Wichtelmann in der Stube und nahm an der Tafel Platz. Nachdem sich alle Anwesende etwas beschnuppert hatten, unterbreitete die Frau ihr Vorhaben. Die Nachbarn willigten ein und so wurde für den nächsten Tag ein Hilfeplan geschmiedet. Alle machten sich mit Sack und Pack, Beilen, Sägen und Stricken auf den Weg in den Wald. Der Bauer spannte seine schweren Auerochsen in den Leiterwagen ein und alle trafen sich an der Stelle, wo der umgestürzte Baumriese den Zugang ins Wichtelreich versperrte. Man arbeitet bis allen der Schweiß in Bächen hinabrann. Man sägte, schlug Äste ab und zerkleinerte Stück für Stück den Baumstamm. Dann wurde ein Teil auf den Leiterwagen geladen und ein anderer Teil am Waldweg entlang gestapelt. Es war so viel Holz, dass die Menschen für viele Monate Brennmaterial hatten und in diesem Punkt keine Not herrschte.
Mit und mit wurde der Zugang freigelegt und es kam eine blaue Türe mit den Rosenranken zum Vorschein.
Allen Anwesenden fiel ein Stein vom Herzen. Doch der größte Stein kullerte dem Wichtel von der Seele, denn er konnte nun seiner Wichtelschar die frohe Botschaft verkünden, dass der Weg wieder frei war und sie nun wieder von der Wichtelwelt in die Menschenwelt und umgekehrt wechseln konnten.
Der Wichtel nahm die junge Frau mit in sein Reich und dort lernte sie viele, viele andere freundliche und fleißige Wichtel mit verschiedenen Handwerkskünsten kennen. Handwerker, Maler, Konstrukteure, Möbelbauer,…und andere mehr waren darunter. Sie waren alle so dankbar, dass sie der hilfsbereiten Frau anboten, ihr kleines, windschiefes Häuschen mit all ihrem handwerklichen Geschick zu renovieren. Und es sollte, so hatte es sich die junge Frau gewünscht, in diesem Blau der blauen Zugangstür zum Wichtelreich erstrahlen.
Blau, dieses unsagbare Blau, mehr als meerblau, ein meereshimmelblau oder ein himmelsmeerblau.
Dies war der Wunsch der jungen, unerschrockenen Frau. So bekam sie ein wunderhübsches, frisch renoviertes Häuschen in diesem speziellen Blau und nannte es ihr „blaues Wunder“.
Zwischen den Menschen nahe des Waldes und dem Wichtelvolk entstand eine nie enden wollende Freundschaft geprägt von friedvollem Miteinander, Vertrauen und großer Hilfsbereitschaft.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann helfen sie sich immer noch gegenseitig. Und die Welle dieser Freundschaft und Hilfsbereitschaft hat diesen Landstrich, diese Menschen und ihre Nachkommen so geprägt, dass es dort nie mehr Hass und Streit, Missgunst und Misstrauen oder Feindseligkeit geben wird. Denn der Geist dieser Zeit prägt Generation um Generation, da sich die Menschen und Wichtel in dieser Geborgenheit so unendlich wohlfühlen, dass sie sich ein anderes Leben, als in diesem friedlichen Miteinander, nicht mehr vorstellen können.
G.K., Juni 2019
Danke, liebe Gabriele!
Ich schrieb der Autorin Gabriele K., denn zu jeder Schreibanregung gehört auch ein Austausch:
“Du hast wahrhaftig ein Märchen geschrieben von einer Schlichtheit und Schönheit, die das menschliche Herz berühren. Du nimmst den Leser mit in eine Märchenwelt, die zugleich wie ein Gleichnis in unser Leben hineinführt. Mir kommt als Thema der tiefe Wunsch entgegen, ein menschliches Miteinander und ein natürlich liebevolles Miteinander mit allen Wesenheiten zu gestalten.
Die junge Frau ist tatkräftig und lebt einfach. Sie vertraut auch der Einfachheit und der liebevollen Begegnung. Ihre Wünsche sind nicht von Gier und Haben, sondern von Miteinander im Geben und Nehmen bestimmt.
Das Blau als Farbe der Sehnsucht, der Behausung in der Weite wird zum Motiv eines wahren Glücks.”
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Gabriele K. war auch schon da und nahm Orangen und das Blau mit in ihr Herz! 
Vertrauen auch Sie einer neuen Erfahrung!
Getreu meinem Schreibmotto:
Die beste Art zu schreiben ist mit den ureigenen Worten und diese fließen unmittelbar aus dem Herzen in die Hand.
© Ihre Heidrun Adriana Bomke
