Berliner Sommer 2019

Sacrower Sommer, Heidrun Adriana Bomke

Als der Sommer begann, da war ich in Berlin. Berlin-Wannsee.
Seltsam – wie kam ich plötzlich dahin – ich war doch gerade noch auf Sizilien?

Aber, warum auch nicht Berlin? Alle gehen dahin.
Warum nicht Wannsee? Ich lass das Fragen. Da gibt’s nichts zu sagen.
Endlich konnte ich hier singen: “Pack die Badehose ein …”
Und ich ging gleich ohne hinein! In den Wannsee und den Sacrower See.

Das Berlin-Potsdamer Sommersein legte sich ganz wohlig in Seele und Leib hinein.

Schiffchen fahren auf sieben Seen, Freundinnen, neue Menschen, alte Bäume und meine Söhne sehen ..

Und einmal, da war ich ganz allein – da sah ich in das “Herz der Erde” hinein:
Ich sah es nicht nur im Sacrower See fröhlich schlagen. Ich spürte den großen Lebenspuls schlagen. Schließ ich die Augen, dann kann ich es hören. Dieser Herzschlag, der wird mich führen.

Ich war einfach da, ganz und gar, im Berliner Sommer im 2019er Jahr!
Nun leb ich mich hier in den Herbst und so weiter hinein …

Wie lang das dauert? Wer weiß das schon?
Lebendigkeit ist mein wahrer Lohn.

© Heidrun Adriana Bomke · Lebensreisende Autorin mit Übermut  & Lebensreisebegleiterin · TERMINE

 

Ein Kleidchen, ein Höschen — Eine Sommergeschichte

Sommergeschichte

Ein Kleidchen ein Höschen … – Eine Sommergeschichte

Adriana stand im weißen Sand und lachte.

Sie lachte über die ganze südliche Küste hinweg. Sie lachte so hell, dass der alte Sizilianer sich umdrehte. Er stand schon bis zur Brust im Meer. Jeden Tag ging er durch das flache Wasser bis zur Tiefe hin. Da, wo das Meer ganz blau wurde oder türkis ohne braunen Grund. Er schwamm. Kehrte dann langsam zurück. Ging nass davon. Nur mit einer blauen Badehose bekleidet. Sein Fleisch hing schon etwas müde herab. Die Brust war weiß behaart. Er war mager für einen von hier. Unter dem Arm trug er so etwas wie ein Schlauchboot. Jeden Tag.

Adrianas Lachen ließ ihn heute Mittag innehalten. Er winkte ihr zu und tauchte ins Wasser ein. Fresco oggi, hörte die Frau ihn sagen. Sie hüpfte im flachen Sonnenwasser herum und lachte. Ihr war soeben aufgegangen, wie schön doch ihr Leben ist! Als sie sich umgedreht hatte zum kleinen Ort, zum Leuchtturm. Sie sah ihr altes Rad an der weißen Kalksteinmauer lehnen. Darauf der kleine Rucksack mit ihrem Computer. Darauf noch die schönen Riemchensandalen. Das bunte Kleidchen mit Ausschnitt. Sie hatte es vor zwei oder drei Jahren in Vittoria gekauft. Immer trug sie die neuen Kleider dann tagein tagaus. Bis sie irgendwann zerfielen. Unter dem einfachen blau-rosa Kleid lag der weiße Spitzenslip.

Adriana betrachtete dieses Stillleben mit Fahrrad und fühlte plötzlich, dass sie hier angekommen ist. Solch eine Freude stieg in ihr hoch! Sie schloss die Augen. Da sah sie ein spielendes Mädchen mit leichtem Kleidchen und Rüschenschlüpfer darunter. Einen kleinen Sonnenhut hatte die Kleine auf dem Kopf. Später war das Hütlein groß und glockig geworden. Mit 15 Jahren hörte sie die Wellen des Schwarzen Meer. War so herrlich braun und schwamm schwamm schwamm.

Wärme stieg in ihr hoch. Sie kam von damals und vermischte sich mit der heißen sizilianischen Sonne. Es war Mai. Genauer: Es war der 18. Mai. Sie war angekommen. Es gab keine Zweifel mehr. Nein, sie hatte auch keine. Noch nicht einmal einen klitzekleinen.

Sie war angekommen im langen Sommer ihres Lebens.

Punta SeccaText und Fotos: Heidrun Adriana Bomke