SANFTHEIT
Dieser Hauch
der mein Herz streift
ewiglich
SANFT
berührt mich ein stiller Hauch.
Nimmt still Platz in mir.
Ganz tief verborgen.
Schattierungen.
Herzkinder.
SANFT
© Heidrun Adriana Bomke, Berlin am 7. Februar 2024
Dieser Hauch
der mein Herz streift
ewiglich
berührt mich ein stiller Hauch.
Nimmt still Platz in mir.
Ganz tief verborgen.
Schattierungen.
Herzkinder.
© Heidrun Adriana Bomke, Berlin am 7. Februar 2024
Diese Nächte
So ohne Schlaf
Schlaflos wach
Als hätte der liebe Gott die Zeiten vertauscht
Sie führen mich heim
Heim in die große Weltenuhr
In den zeigerlosen Zeitenstrom der Reise
Der tiefen Reise in die Weiten der Welt
In das Heiligtum meines Lebens
Alles löst sich langsam auf
Im fernen Gemurmel des Morgens.
Dieses Gedicht kam aus der Nacht in meine Seele. Als ich wach lag und so verbunden mit Stille und Dunkel und dem Ganzen immer innewohnenden Licht zugleich. Ich lag und atmete mich in die Weiten der Welt. Man kann es vielleicht als “Zwischensphäre” bezeichnen, in der wir ruhen und gleichzeitig auf einer anderen Wellenlänge hellwach sind. In der Soziologie, so erinnere ich mich, sprachen wir von der “schwebenden Aufmerksamkeit” und bei Christina Kessler hörte ich den Begriff der “Leuchtenden Unschärfe”. Es ist also eine Sphäre, wo Intellekt und Intuition Hand in Hand gehen beim Schreiben. Wo der Verstand zum Gefährten oder sogar zum Diener des Gefühls wird. Oder, um mit Hilde Domin zu sprechen, wo man aus der “Normzeit” herausfällt, wo die Magie der Poesie zu wirken beginnt. Und vielleicht sind es auch Rilkes “Wachsende Ringe”, in denen man sich dann bewegt …
SCHREIBANREGUNG:
Wie wäre es, wenn auch ihr in der besonderen Zeit der Rauhnächte euch öffnet für die Poesie? Stillwerden, lauschen, offensein, schreiben … vielleicht ganz im Dunkel und sogar mit geschlossenen Augen den Stift führen und der
eine Stimme gebt? Was spricht die innere Stimme? Welche Bilder steigen auf …? So kann man sich selbst lesen (M Frisch).
Ich wünsche allen innigliche, hellfühlige und wortreiche Rauhnächte!
Wieder sitze ich an meinem Schreibplatz in “meinem Nest” am Rande Berlins.
Ja, der 3. Advent ist schon da, die Adventslesung via Zoom ist schon zwei Wochen her und ich danke allen, die während der Poetischen Besinnungdabei waren. Es war eine gelungene Einstimmung auf die Adventszeit.
Ich komme heute von einem langen Fahrradausflug zurück, der mich in den Sacrower Park geführt hat. Es war wunderschön und erholsam im Nachmittagslicht unter den alten Platanen, Linden und Eichen, an der Havel mit dem Blick ins Weite. Ich merke, wie mir hier im Norden, in diesem Drinnensein, oft “die Welt zu eng wird”. Ist sie ja auch! Ich brauche nicht nur den herzvollen Kontakt zu Menschen, sondern auch die unmittelbare Verbindung zu den Elementen, möchte ihre strömende Kraft einatmen und so unter ihnen leben. Ein Wesen unter anderen Wesen. Neun Jahre habe ich auf Sizilien fast nur die Nächte drinnen verbracht und gemerkt, dass genau dieses Sein in der Natur auch zu meinem Wesen gehört, mich frei, schöpferisch und damit glücklich und froh macht. Und das steckt ja bekanntlich an und fügt sich organisch in mein poetisches Wirken ein. Es gibt also meinem und dem Leben Sinn. Es wärmt das Herz. Das war schon als Kind so. Wie auch das Tanzen, das Radfahren, das Schreiben, das Baden, das Hütetragen, das Lesen, das Vortragen …
Irgendwie ist doch diese Adventszeit dem Geborenwerden, den Kindern, der Kindheit gewidmet. Besser gesagt: Es geschah vor allem in den letzten Nächten. Sie scheinen mir fast schon wie Rauhnächte, führen in Zwischenreiche und lassen mich seit dem Neumond auch nicht recht schlafen. Dann öffne ich weit meine Balkontür, atme tief die frische Luft ein, lausche in die Stille, höre manchmal das Käuzchen, träume im Halbschlaf, schreibe im Dunkeln Gedichte auf, koche manchmal nachts Kakao, lese “Nussknacker und Mausekönig” von E.T.A. Hoffmann – eine geheimnisvolle Atmosphäre hat sich in mir ausgebreitet.
Räume, die eine leuchtende Ahnung, die Anbindung an eine liebevolle, friedliche Ordnung ermöglichen. Und das sind zuerst innere Räume. Räume, die das HERZ öffnen und erwärmen, die Berührung ermöglichen. Und wenn mein Atem da tief im Herzen ankommt, da gibt es eine so liebevolle Kraft, die wie ein inniger Kuss ist.
Als ich heute dann während meines Spaziergangs auch in die Sacrower Heilandskirche trat und eine ganze Weile dort saß und schaute, eine Kerze anzündete, fiel mein Blick auf den Adventskranz und das Altarbild und dort genau auf die Aussendung des Heiligen Geistes. Diese leuchtend geistige Kraft, dieses fühlbare Walten einer liebevollen Vorhersehung – sie schien mir ganz gegenwärtig. Sie scheint mir hier auf Erden möglich. In jedem von uns. Im Miteinander. In Hingabe und Schöpferkraft.
Ich schreibe das so deutlich, weil auch mich in diesem Jahr die zehrenden äußeren Energien bewegt, mich manchmal traurig gemacht haben. Und ich mache da nicht mit! Nicht mit beim trennenden Werten, nicht mit beim ständigen Zweifeln und Beurteilen; nicht mit beim Kritisieren und Schuldzuweisen; nicht mit beim ständigen Schauen auf das Negative – nicht mit bei Angstmache und Verunsicherung. Ich versuche, diese Räume zu meiden. Ich verabschiede mich auch von Menschen. Ich schütze mich auch. Ich gebe ermutigende Poesie, gebe kraftvolle Impulse in die Welt.
Ja, vielleicht haben viele es vergessen, das Ja zum Leben? Ist es unter den unzähligen Reizüberflutungen verlorengegangen? Wollen wir uns gegenseitig daran erinnern, an das Menschsein, an das Ja zum Leben. Schenken wir uns Freude. Reichen wir uns einfach die Hände. Nehmen wir uns in die Arme.
Und wenn ich, wie heute, in die Weite des Himmels gehe, dann reinige ich mich, dann tanke ich auf und danke den Elementen für ihre Kraft, die mich nährt und inspiriert.
Und ich vertraue und übe mich. Denn es ist der wahre Weg: die Liebe. Unbeirrbar.
Geborenwerden bedeutet für mich Mensch- und Weltwerdung.
Darauf richte ich mich aus und dabei begleite ich Menschen. Und diese poetischen Begegnungen sind berührend und wertvoll. Gerade gebe ich in einer Schule einen Schreib-Kurs: “Entdecke dich – Lebe frei und mutig!” Eine so herzerwärmende Begegnung.
⭐️
Und wie ich so sitze, diesen “Weihnachtsgranatapfel” schreibe, stelle ich mir vor, was wohl alle meine Leser*innen gerade machen, wie sie sich fühlen, was sie bewegt?
Ich verlinke noch zu einem Blogbeitrag mit Weihnachtsgedichten. Ich hoffe, sie bringen Weihnachtspoesie und eine heilige Stimmung in jede Stube.
POESIEN ZUR WEIHNACHT
Ich wurde in letzter Zeit mehrmals gefragt, ob man meine künstlerische Arbeit auch durch Spenden unterstützen kann. Ja, sehr gerne. Ich freue mich darüber und bin dankbar. Danke an die Menschen, die das schon getan haben. Alles kommt der schöpferischen Arbeit und wertvollen Angeboten zugute. Unter jedem Blogartikel hier im LEBENSREISEBLOG gibt es dafür einen Spendenbutton (siehe unten)
wünsche ich allen meinen Leserinnen und Lesern eine
Heilige Zeit und
⭐️
Mit poetischen Wünschen
© Heidrun Adriana Bomke (Text und Fotos)
Berlin am 17.12.2023
Gerade ist wieder ein Platz im SCHREIBRITUAL ZUM ÜBERGANG am 29.12.2023 freigeworden.
Zwischen Vollmond und Neumond
über mir
Milliarden Himmelslichter
seelenklar
sind die Nächte
die meine erleuchteten Tage segnen.
© Heidrun Adriana Bomke · Eine Weitergabe ist nur mit meiner Genehmigung gestattet.
11. Juni 2023
Meine nächsten poetischen Angebote in Berlin widmen sich diesem Raum, in dem wir uns in Dankbarkeit wahrnehmen, unser Wesen als Teil eines Ganzen erkennen und ehren, unsere Herzen reinigen und heilen und uns auf die Weihnacht vorbereiten. Gerade in dieser Zeit der großen Verwirrung ist das Besinnen auf unsere Herzstimmen essentiell. Jede und jeder hat die Kraft, sein eigenes Wesen zu erkennen und zu entfalten und mit innerem Frieden und Reichtum in die Welt zu gehen.
HERZSTIMMEN ❤️
LIEBE SPÜREN – HEILIGES BERÜHREN
Lesung (Heidrun Adriana Bomke) mit Lyra (Kateryna Korobova)
“Mögen Engel Euch berühren
Eure Herzen sanft nun führen …“
Was ist mir, was ist uns heilig?
Brauchen wir Heiliges, um seelisch gesund zu werden, zu bleiben?
Wo finden wir heilige Räume?
Diese Fragen scheinen im Advent und zur Weihnacht wahrhaft wesenhaft. Unser Schreibraum ist eine Einladung, sich dem Heiligen in und um uns zu nähern, es zu berühren …
Dr. Heidrun Adriana Bomke, Berlin im Oktober 2022
Die ersten zarten Vogellaute
früh ganz früh
noch aus dem Dunkel
Ein letztes Nachtlied noch
und schon erster Morgengruß
Von fern vernehmbar auch
der Ruf des Käuzchens
Ein Gleichklang nicht
und doch ein Chor
Das nimmermüde alte
junge Lied des Lebens
Das Lied des Lebens wahrnehmen, finden, es scheibend berühren, seine Melodie zu spüren – ich lade mit meinen besonderen Schreibreisen dazu ein, ein fühlender, verbundener Mensch des Geistes zu sein!
Heute vor 125 Jahren ist meine Tante Therese geboren. Am 12. Februar 1896.
Sie wäre heute unendlich alt. Und das ist sie für mich. Denn sie ist da.
Wie darf ich mir das vorstellen, die Geburt meiner lieben Tante? Zum ersten Mal stelle ich mir diese Frage. Dieses kleine Wesen kommt an einem sicher kalten Wintertag zur Welt. In Fambach unter dem Famberg. Wohl in diesem Haus, wo auch ich geboren und davor mein Vater. Ein Geburtshaus auch.
Wer war damals dabei, als meine Tante Therese das Licht der Welt erblickte? Gab es eine Hebamme? Wie hieß eigentlich meine Uroma, die Mama meiner Tante Therese? Ich erinnere den Namen gerade nicht. Sehe nur das Familienfoto. Ein Foto, das wohl alle in dieser Zeit irgendwann aufnahmen. Ernste und strenge Eltern in steifen Kleidern. Junge Frauen mit den langen Kleidern und Schürzen und glatt nach hinten gekämmten Haaren. Das kenne ich noch. Kleine verängstigte Knaben. Letztens habe ich es mit meiner Mama gemeinsam von der Wand genommen, das drückende Bild.
Wer begleitete damals, im kalten Februar, meine Uroma und das kleine Wesen, das den Namen Therese erhielt? War es eine ruhige Geburt? Wurde sie damas in die Arme genommen, die winzige Therese? War sie willkommen von der Mutter, die so viele Kinder gebar? Vor ihr waren Liesette, Marie, Friedrich, danach Otto und und und.
Nirgendwo Antwort.
Plötzlich antwortet mir mein Herz.
Ich fühle dich, meine Tante Therese. Meine liebe Tante.
Nie sah ich dich als kleines Wesen. Heute, an diesem 12. Februar 2021 sehe ich dich liegen, gerade geboren. Mit schwarzen Haaren. Du liegst alleine. Auf einem Nachttisch. Neben einem Bett. In einem weißen steifen Kleidchen. Deine Mutter kann ich nicht sehen. Still bist du. Alleine. Du kleine, du liebe Tante Therese. Ich nehme dich in meine Arme. Ich drücke dich an mein Herz. Ganz zart. Ganz lange.
Still warst du immer für mich da.
Ich spüre in meinem Herzen so viel Liebe für das kleine Mädchen Therese, für meine alte Tante.
So viel Liebe für dich. So viel dankbare Liebe für deine Liebe, die du mir gabst. Mir, dem kleinen Mädchen Heiderune. Sagtest du so zu mir? Oder war es die Tante Marie? Ich mochte es, wie ihr mich rieft. Mochte es, wenn du neben mir saßt am hölzernen Küchentisch und deinen Malzkaffee mit eingeweichtem Brot gegessen hast. Denn dann, irgendwann, warst du fast zahnlos. Lange schon, bevor du auf mich gewartet, am 11. Mai 1979, um zu sterben. Gewartet auf deine Heiderune, die plötzlich in der Ferne, wo du nie warst, etwas tat, von dem du nichts wusstest. Gewartet die ganze Woche, dass endlich Freitag ist und sie kommt, Deine Heiderune. Ich trat an dein Bett. Du schautest mich an. Ich nahm deine Hand. Dann schliefst du ruhig hinweg und wachst doch noch weiter still und sorgsam über mich.
Und ich weiß, dass du mich heute hörst, meine liebe Tante Therese.
Mein Schutzengel.
Heute, am 12. Februar 2021.
Hörst, wie ich sage: Meine liebe Tante Therese. Heute werde ich dich den ganzen Tag in meinem Herzen spazierentragen. So wie du mich ernst und sorgsam im Hockmantel trugst vor 62 Jahren. Ich werde mit dir lachen, weinen, mit dir hüpfen an diesem kalten, sonnigen Februartag an der Havel.
Haben wir uns vorher, haben wir uns später je umarmt?
Ich erinnere mich nicht. Und doch fühle ich mich geborgen. Du warst immer da. Du hast neben mir gesessen, wenn ich krank war. Ernst und sorgsam. Du lagst in dem alten, großen, tiefen Holzbett in deinem Zimmer und ich in einem anderen modernen Bett neben dir. Ich schaute deinem Altwerden zu. Du schautest zu, wenn ich auf Zehenspitzen und hüpfend durch dein Zimmer schwebte. In deinem Zimmer stand mein erster schwerer Schreibtisch. Da trug ich schon die Miniröcke, von denen du mit unerwartetem Humor sagtest, ich solle nicht darauf treten, sonst würden sie zerreißen.
Und immer im rechten Moment gingst du zu deinem alten schönen Kleiderschrank und holtest aus der Tiefe die Pepsinweinflasche mit den zwei Schnapsgläschen. So haben wir beide das Leben gemeinsam gut verdaut.
Meine liebe Tante Therese.
Deine Heiderune
Berlin-Kladow an der Havel, 12.2.21
Vielleicht möchten auch Sie, liebe Leserinnen und liebe Leser, für einen Ihnen lieben Menschen eine Liebesgeschichte, eine Erinnerung, einen Liebesbrief schreiben? Morgen ist Valentinstag. Vielleicht kommt Ihnen ein Bild in den Sinn, eine Begegnung, eine Geste, ein Augenblick. Tun Sie es einfach!
Die beste Art zu schreiben ist mit den ureigenen Worten und diese fließen unmittelbar aus dem Herzen in die Hand.
GEBEN SIE IHRER LIEBE SCHREIBEND AUSDRUCK.
SO KOMMT SIE WUNDERVOLL IN DIE WELT!
© Ihre Heidrun Adriana Bomke
O Gold des Westens
O Gold des Sonnenuntergangs im Herbst
mein goldenes Strahlen des Meeres
kein Sternenfunkeln mehr
nein, eine große glückselige Dunkelheit
die kommt und ist
in meinem Sein
mein Bild
mein Widerschein der Seele
so still
ganz mein.
20.11.16, am Ätna
Meine ruhigen Schritte auf dem nassen Herbstlaub.
Fast tonlos mein Gehen.
Ich verweile.
Lausche dem leisen Tropfen des Novemberregens.
Das aufgeschreckte Flattern eines Vogels neben mir.
Am Himmel küssen sich die Abendwolken.
Und da ist er auch schon.
Der erste Stern leuchtet ohne Laut.
Feierlich am Neumondtag unter dem Vulkan.
So still sein ewig Feuer.
Nur im Kamin jetzt züngelt das Holz.
Heult eine ferne Stimme mir zu.
Seelige Dunkelheit fällt herab.
Der November legt sich sanft zur Ruh.
29.11.16, 17.25 Uhr, Contrada Monte Arso am Ätna Süd
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Wenn das Licht kaum scheint aus der Nacht hervor
Wenn Apollon nicht öffnet das große Tor
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Meine ruhigen Schritte im Sand
Ohne Hast gehe ich am Strand
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Eine kleine Möwe noch schaukelt auf ihrem Wellenbett
Eine andere findet das leichte Himmelssegeln sehr nett
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Meine Seele schmiegt sich süß hinein
Ein Novembertag lässt mich geborgen sein.
29.11.17, am Strand von Puntasecca
Ruhig plätschernder Fluss
Ich sitze auf den alten Wurzeln der Weiden
Novemberlicht durchströmt mein Gesicht.
15.11.2020 an der Havel, Kladow
Es war an einem Februarmorgen im Jahr 2011.
Vielleicht war es der 11. Ja, es könnte sein.
Am 8. Februar, drei Tage vorher, war ich in Dannenberg beim Notar gewesen. An einem nassgrauen Tag. Ein Haus zu verkaufen. Das Haus, in dem ich ein Familienleben verbracht. In dem ein Familienleben so, wie es einmal war, auch geendet. Die Zeiten wandeln sich. Die Menschen mit. Schulden werden getilgt sein. Verletzungen langsam heilen. Vergebung geschieht. Ich höre gerade noch einmal die Stimme des Notars, sehe seinen Blick: “Wollen Sie den Kaufvertrag wirklich so unterzeichnen?” Ja, ich wollte. Ohne zu zögern. Das sagte mir meine innere Stimme. Auch wenn ich Geld verlor, weil der andere Mensch, der da noch mit mir saß, es zu diesem Zeitpunkt nicht besser vermochte: gerecht zu teilen. Ich sah seine Unfähigkeit, seine Angst. Wovor auch immer. Sah sogar sein schlechtes Gewissen.
Eine so freundliche Frau brachte mir einen Cappuccino. Ich schaute in die Morgensonne. Schaute auf die Küste. Ich sah diese Steine im Meer. Sah diesen einen, den ich später in einem Gedicht den “Weisen Hüter der Küste” nennen sollte. Doch jetzt sah ich ihn zum ersten Mal. Und weinte. Weinte und weinte. Ein Mensch fragte mich, was sei. Ob es mir nicht gut ginge? Unter meinen Tränen lächelte ich aber. Ganz tief von unten stieg etwas auf. Das sah er vielleicht auch. Ich sagte mit sehr leiser Stimme:
Nein, ich bin sehr glücklich.
Es ist kaum zu beschreiben und schon gar nicht zu analysieren, was mir geschah. Und das soll es auch nicht. Auszusprechen ist es nun schon. Mit der Poesie des Herzens, aus meiner Seele. Mein ganzes Alles und alles Ganze, dies Alles floss zusammen in dieser unendlichen Schönheit dieses großen einfachen Augenblicks.
Und fühlte tief befreiend und dankbar:
Sie war für mich da! Eine große Freude durchfloss mich.
Und die Schönheit war auch in mir.
27. Januar 2020, Berlin-Kladow · www.heidrunbomke.de
Meine Novembergedichte laden ein, den eigenen inneren Raum zu betreten.
Leer wird es um uns.
Wir sind in der Zeit des stillen Wandels. Die Blätter, die so lange sich noch am Ast halten, fallen nun langsam wie müde goldene Herzen. Schweben ins Irdische hinab. Die Tage werden kühler und das Dunkel umfängt uns nachmittags immer früher. Ich mag diese unaufgeregte Zeit des Dunkels als Raum der inneren Einkehr.
Die Grenzen verschwimmen im großen kosmischen Raum. Der November ist eine poetische Einladung, mich selbst in diesen Übergängen zu erleben und zu fühlen. Das Vergehen geht bildhaft mit mir mit. Der Tod ist an meiner Seite. Ich kann es spüren. Fahr ich manchmal über’s Wasser, dann ist es wie eine Überfahrt ans andere Ufer. Es hat eine anmutige Schönheit. Führt mich auch zum Gebet. Eine Demut vor dem Sein. Rilkes Texte über den Tod, Hölderlins “Hälfte des Lebens” sprechen zu mir.
Ich wünsche Ihnen und euch Verbundenheit beim Lesen meiner Novembergedichte aus den Jahren 2009 bis 2019. Vielleicht auch Inspiration zur schreibenden Einkehr.
Herzlich
© Heidrun Adriana Bomke
NOVEMBERBILD I
Glasperlenspiel
ein Silberlicht auf Fäden gezogen
ein stilles Mosaik
Himmelsfenster.
NOVEMBERBILD II
Ich schaue den tänzelnden Blättern zu
sie schweben schweben schweben
langsam
vom Himmel
herab
Müde goldene Herzen
finden mühelos
ihr irdisch Grab.
© Kladow, Berlin am 16.11.19
SANFTGRAUER NOVEMBERMORGEN
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Wenn das Licht kaum scheint aus der Nacht hervor
Wenn Apollon nicht öffnet das große Tor
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Meine ruhigen Schritte im Sand
Ohne Hast gehe ich am Strand
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Eine kleine Möwe noch schaukelt auf ihrem Wellenbett
Eine andere findet das leichte Himmelssegeln sehr nett
Ich mag diesen sanftgrauen Morgen
Meine Seele schmiegt sich süß hinein
Ein Novembertag lässt mich geborgen sein.
© 29.11.17, am Strand von Puntasecca
DER NOVEMBER LEGT SICH SANFT ZUR RUH
Für Beata
Meine ruhigen Schritte auf dem nassen Herbstlaub.
Fast tonlos mein Gehen.
Ich verweile.
Lausche dem leisen Tropfen des Novemberregens.
Das aufgeschreckte Flattern eines Vogels neben mir.
Am Himmel küssen sich die Abendwolken.
Da ist er auch schon der erste Stern.
Leuchtet ohne Laut.
Feierlich am Neumondtag unter dem Vulkan.
So still sein ewig Feuer in der blauen Stunde.
Nur im Kamin jetzt züngelt das Holz.
Heult eine ferne Stimme mir zu.
Seelige Dunkelheit fällt herab.
Der November legt sich sanft zur Ruh.
© 29.11.16, 17.25 Uhr, Contrada Monte Arso nr. 2, am Ätna Süd
MEIN BUNTES SOMMERKLEID
Das Jahr geht den Novemberweg.
Mein buntes Sommerkleid
zerschlissen
hängt am Schrank.
Ich schneide es in Fetzen
winke der Sonne zu
und mache mich auf
die Reise.
Die grauen Wolken tropfen.
Auf den Steinen spielt das Wasser.
Ein Eichelhäher sitzt in der Weide.
Er zählt die fallenden Blätter und ruft
Die Zeit aus wie der Kuckuck im Frühling.
Ich betrachte die gepflanzten Herzen im Garten und verbrenne noch einen Brief.
© Breselenz, Wendland 3./4.11.09